BIKINGMAN AURA 2025 – Meine erste Schritte im Ultra-Radsport!
BIKINGMAN AURA 2025 – Meine erste Schritte im Ultra-Radsport!

BIKINGMAN AURA 2025 – Meine erste Schritte im Ultra-Radsport!

Im Juli 2024 beginne ich langsam darüber nachzudenken, 2025 am Bikingman AURA teilzunehmen, einem Ultra-Radrennen, bei dem man völlig auf sich allein gestellt ist. Einige Monate vergehen, und Anfang Oktober 2024 beginne ich mit den Vorbereitungen.

Ich bin sehr nervös, denn meine längste Tour bis dahin war nur 310 km und 6 500 Höhenmeter. Die Lücke zwischen 300 km und 1.000 km ist doch enorm, ist das zu ehrgeizig?

Die Vorbereitung verläuft sehr gut, ich verbringe den Winter damit, mehrere Stunden am Stück auf dem Hometrainer zu trainieren. Die Teilzeile wie eine Durchquerung der Schweiz (400 km) und meine Tour de la Manche (600 km) sind erreicht. Ein paar Punkte muss ich jedoch noch überarbeiten, wie zum Beispiel Probleme mit der Ernährung auf meiner 400-km-Tour und Reibungsprobleme auf meiner 600-km-Tour.

Das Ende der Vorbereitung zieht sich langsam hin, ich kann es kaum erwarten, dass es endlich losgeht. Ich halte durch, so gut es geht.

  • Freitag, 18. Juli

Mein Auto ist bereit, es geht nach Villard-de-Lans, 2,5 Stunden von Thonon-les-Bains entfernt.

Am Nachmittag putze ich mein Fahrrad, packe meine Satteltaschen und entspanne mich beim Anschauen der Tour de France. Ich bin gelassen und froh, hier zu sein. Nur das Wetter der nächsten Tage bereitet mir etwas Sorge: Für Sonntagabend sind einige Gewitter vorhergesagt.

  • Samstag, 19. Juli

Ich habe gut geschlafen und bleibe noch ein bisschen im Bett liegen, um das Maximum herauszuholen. Ich stelle mein Fahrrad fertig. Dann fahre ich ins Stadtzentrum von Villard, um den Trecker und alles, was ich fur das Rennen brauche, abzuholen. Ich werde freundlich von Morgane empfangen, einer Race Angel (dem Team von Bikingman). Es tut gut, eine weibliche Präsenz zu haben, denn wir sind nur 8 Frauen unter 150 Teilnehmern, und auch auf der Organisationsseite sind nicht sehr viele Frauen vertreten.

In diesem Moment habe ich ein wenig das Imposture-Syndrom: Habe ich meiner Platz? Werde ich es schaffen? Habe ich mich überschätzt? Einige Fragen schwirren mir durch den Kopf. Ich habe mich genau an die Vorbereitung gehalten, ich wurde betreut, es gibt keinen Grund, warum ich es nicht schaffen sollte.

Ich hole meine kleinen Aufkleber ab, lasse meine obligatorische Ausrüstung kontrollieren, bekomme das Tracker-Gerät, mein Fahrrad wird gewogen (13,90 kg ohne Wasser und Verpflegung) und dann werde ich für das offizielle Foto fotografiert. Das war’s schon mit dem Check-in.

Dann gehe ich in den kleinen Fahrradpark nebenan, um die Aufkleber auf meinen Helm und mein Fahrrad zu kleben. Ich lerne Valentine kennen, eine freiberufliche Journalistin, die alle Teilnehmer währen des gesamten Rennens begleiten wird. Sie stellt mir ein paar Fragen zu meiner Teilnahme, warum ich das mache usw.

Ich halte mich nicht lange auf, ich bleibe lieber allein in meiner Blase. Ich habe Angst, mich zu vergleichen und mir zu sagen, dass ich dieses oder jenes nicht mitgenommen habe, während diese Person es getan hat. Ich vermeide es, mich unnötig zu stressen.

Ich kehre zu meiner Airbnb-Unterkunft zurück. Ich bereite mein Essen für den nächsten Tag zu. Da die Abreise an einem Sonntag erfolgt, muss ich genug Essen für den Tag und die folgende Nacht mitnehmen.

Hier ist die Liste aller Ausrüstungsgegenstände, die ich mitgenommen habe:

  • Mein Garmin Edge 830
  • Navi-Tracker mit einem Satz AAA-Lithium-Batterien
  • Arm- und Beibringe
  • Gortex-Jacke mit Kapuze
  • Frontlicht: Stoots an meinem Helm (mit zwei Ersatzbatterien)
  • Garmin Varia RTL515 Rücklicht
  • Zwei kleine Lichter, die ich bei Decathlon gekauft habe (eines vorne unter meiner Verlängerungstasche und eines hinten an meinem Rahmen)
  • Eine externe Batterie
  • Ein Halswärmer
  • Ein USB-Mehrfachstecker
  • Ladekabel für mein iPhone, meinen Garmin und meine externe Batterie
  • Mein Shops-Kopfhörer
  • Eine reflektierende Weste
  • Ein Reparaturset + 2 Schläuche
  • Eine Rettungsdecke
  • Taschentücher
  • Spezielle Anti-Reibungscreme für Frauen
  • Eine Flasche Mehrweckseife
  • Ein kleines Fläschchen Kettenöl
  • Eine aufblasbare Matratze
  • Ein Biwak
  • Eine Ersatzradhose
  • Reinigungstücher
  • Ein langärmeliges Merino-T-Shirt
  • Meine Kreditkarte + 50€ in bar
  • Die Karte der Strecke, um jeden Checkpoint zu bestätigen
  • zwei große Trinkflaschen
  • Eine Tube Elektrolyt-Tabletten
  • Eine kleine Tube Sonnencreme
  • Eine kleine Tube Zahnpasta + Zahnbürste

Um all das mitzunehmen, habe ich eine kleine Lenkertasche (mit alles, was im Notfall und bei mechanischen Problemen brauche), eine Tasche an meinen Verlängerungen (mein Biwak, meine Matratze, meine Feuchttücher, meine Beibringe, meine zweite Radhose), eine Rahmentasche (mit all meinen elektronischen Geräten, meiner Kreditkarte, meiner Anti-Scheuercreme) und meine kleine Tasche mit Lebensmitteln, die zwischen meinem Lenker und meinem Rahmen befestigt ist und während der Fahrt leicht zugänglich ist.

Gegen 20 Uhr gehe ich schlafen. Morgen ist es endlich soweit: der große Start. Ich habe ein wenig Schwierigkeiten einzuschlafen und höre klassische Musik, um mich zu entspannen. Gegen 22:30 Uhr schlafe ich schließlich ein.

  • Sonntag, 20. Juli

Wecken um 5:30 Uhr. Ich Ziege mich sofort an, frühstücke, packe meine Sachen zusammen und bringe sie zum Auto. Ich überprüfe, ob ich nichts vergessen habe. Ich lade mein Fahrrad ins Auto, kleine Panik, meine Kette klemmt hinten an meiner Kassette. Na gut, das schaue ich mir vor Ort an.

Ich komme in der Nähe des Zentrums an, um mein Auto für die Woche dort abzustellen. Ich hole mein Fahrrad heraus, habe aber Probleme, die Kette wieder richtig aufzulegen. Nach ein paar Minuten des Herumprobierens beschließe ich, das Hinterrad abzunehmen und wieder anzubringen, um die Kette richtig aufzulegen. Puh, geschafft. Alles ist wieder in Ordnung. Ich befestige die letzten Kleinigkeiten, pumpe meine Reifen auf und öle die Kette. Gut, mein Fahrrad und ich sind bereit für das Abenteuer.

Auf zum Startbereich für die Besprechung um 8 Uhr. Je näher der Start rückt, desto größer wird mein Stress. Ich kann noch gar nicht fassen, dass ich gleich zu einer 1000-km-Tour aufbrechen werde. Wann ist mein Leben so aus der Bahn geraten, dass ich mich auf so etwas einlasse?

Nach dem Briefing begeben sich alle zum Startbereich im Stadtzentrum, nur wenige Meter von La Coupole entfernt. Es ist 8:30 Uhr. Noch 30 Minuten warten. Ich möchte nur noch loslegen. Ich mag die Zeit vor dem Start nicht, ich denke zu viel nach, stelle mir zu viele Fragen, das ist stressig.

Der Start erfolgt in Wellen. Die Langsamsten starten zuerst, die Schnellsten zuletzt, so dass sich alle mindestens einmal begegnen.

Während ich auf den Start warte, treffe ich erneut Valentine, die Journalistin, die mir ein paar Fragen stellt.

Das Warten kommt mir endlos vor. Ich treffe zwei andere Mädels: Anne und Régine, die ebenfalls am Start sind. Wir unterhalten uns. Es ist für uns alle drei der erste Bikingman. Dann kommt eine ältere Dame zu uns, um uns zu ermutigen und uns zu sagen, dass wir es schaffen werden. Ihr Mann nimmt ebenfalls am Rennen teil. Sie selbst hat es bereits in der Vergangenheit absolviert. Sie sagt uns, dass jeder es schaffen kann, dass man nicht aufgeben darf und dass man, wenn man Lust dazu hat, die Entscheidung nicht in einem schlechten Moment treffen sollte, sondern eine Pause einlegen, ein wenig schlafen und dann weitermachen sollte, aber auf keinen Fall aufgeben darf. Ich danke dieser netten Dame für ihre Worte, an die ich während meines Rennens oft denken werde. 

Eine erste Gruppe von 6-7 Personen bricht auf, dann sind Anne und ich an der Reihe.

Es geht los, das Abenteuer beginnt. Wir werden direkt mit einer kleinen Steigung konfrontiert, um die Oberschenkel aufzuwärmen. Wir laufen durch den Vercors. Das Ziel ist es, sich nicht gleich zu Beginn zu verausgaben, also fahre ich gemütlich weiter. Mein Ziel für den Tag ist es, vor Mitternacht den CP1 zu erreichen, um dort ein paar Stunden schlafen zu können. Ich fürchte mich schon vor dem Ende des Tages, denn das Wetter verspricht turbulent zu werden: Gewitter und starker Regen sind vorhergesagt. Toll. In der Zwischenzeit nutze ich das schöne Wetter, um voranzukommen. Ich werde schnell von den folgenden Teilnehmergruppen eingeholt. Mit einigen unterhalte ich mich ein paar Minuten, mit anderen tausche ich nur ein « Viel Glück » aus. Ich fahre in meinem Tempo weiter, vor allem bergab, wo ich oft überholt werde. Ich mag Abfahrten sehr, fühle mich dabei aber nicht sehr wohl. Ich setze mich nie auf die Bremshebel, weil ich das Gefühl habe, dass meine Hände zu weit von den Bremsen entfernt sind. Bei den ersten kleinen Unebenheiten überholt mich die Championne Laurianne Plaçais, sie überholt mich mit rasender Geschwindigkeit bergauf und schon sind wir am Fuße des ersten Passes: dem Col de Lachau, fast 6 km mit 6,1% Steigung. Das Gefühl ist eindeutig nicht besonders toll, es wird langsam etwas warm und das alles beruhigt mich nicht gerade. Es ist noch früh, das ist normal. Aber ich stelle mir bereits Fragen über den weiteren Verlauf des Abenteuers. Wir sind erst bei Kilometer 50. Oben angekommen, mache ich eine Pause, esse etwas und mache mich wieder auf den Weg zum nächsten Pass: dem Col de la Bataille. Der Anfang im Wald kommt mir lang vor, aber nichts Besonderes. Ich bin schon allein. Ich begegne niemandem mehr. Ich habe schon fast kein Wasser mehr. Glücklicherweise gibt es ein paar Kilometer weiter einen kleinen Brunnen am Straßenrand, an dem ich anhalte. Es ist schon schwer. Dieser Pass ist lang, er bietet zeitweise einen sehr schönen Blick auf den Vercors, aber ich muss zogen, es ist schon schwer. Die Gefühle sind nicht da und das macht mit Angst für den weiteren Verlauf. Ich sage mir, Schritt für Schritt, es wird schon werden. Oben angekommen, scheint die Sonne doch ziemlich stark. Ich setze mich für ein paar Minuten in den Schatten eines Tunnels, um etwas zu essen. Bei der Hitze fällt mir das Essen oft sehr schwer. Ich zwinge mich zu essen, denn ich weiß, dass ich es sonst später bereuen werde. Ich versuche, mein Handy zu checken, aber es gibt kein Netz. Ich mache mich wieder auf den Weg. Ich versuche, mir nicht zu viele Gedanken über meine körperliche Verfassung zu machen, und gehe weiter. Ich nutze die Abfahrten, um mich zu erholen, mir eine Freude zu machen und die herrliche Landschaft der Drôme zu genießen. Nach sehr langen Abfahrten komme ich am Fuße eines neuen Passes an, dem Col Jérome Cavalli. Am Anfang des Passes mache ich wieder eine kleine Pause, um etwas zu essen. Ich versuche, mein Handy zu checken, aber es gibt immer noch kein Netz, ich werde später nachsehen. Dann treffe ich Vincent, einen anderen Teilnehmer. « Hast du die Nachrichten gesehen? » « Nein », antworte ich ihm. « Das Rennen wurde bei Kilometer 134 auf Antrag der Departements Ardèche und Drôme wegen der vorhergesagten Gewitter unterbrochen. Anscheinend haben sie eine Sporthalle in Beaumont-les-Valence gefunden. »

Ich bin erst bei Kilometer 100, und natürlich komme ich nach dieser Ankündigung viele Fragen in den Sinn: wie wird das Abenteuer weitergehen? Werde wir etwas zu essen bekommen? Um wie viel Uhr können wir am nächsten Tag weiterfarhren? Welche Auswirkungen hat das auf die Zeitlimits? Aber gut, zumindest bin ich erleichtert, dass ich heute Nacht unter einem Dach schlagen kann, um den Gewittern zu entgehen. Ich habe Angst vor Gewittern, selbst wenn ich zu Hause unter meiner Bettdecke liege, habe ich Angst davor, also kann ich mir gar nicht vorstellen, wie ich es draußen erlebt hätte. 

In der Zwischenzeit muss ich immer noch diesen verdammten Pass erklimmen. Er ist ziemlich steil und liegt vor allem in der prallen Sonne. Die Hitze auf dem Asphalt bereitet mir Kopfschmerzen. Ich habe das Gefühl, dass es nie enden wird. Nun, das ich weiß, dass das Rennen in wenigen Kilometern neutralisiert wird, habe ich weniger Skrupel, mir mehr Zeit zu nehmen. Ich halte ein paar Minuten an einem Aussichtspunkt an, um mich mit Flüssigkeit zu versorgen. Dabei checke ich meine Nachrichten: Eine Nachricht vom Trainer, der mir sagt, dass ich gut unterwegs bin. Cool, das gibt mir neuen Schwung. Oben angekommen, habe ich das Schwierigste hinter mir, bevor ich Beaumont-les-Valence erreiche. Der Rest ist fast nur noch bergab. Was für ein Genuss! Das Wetter ist schön, die Umgebung ist wunderschön. Ich kann mich an der Aussicht sattsehen.

Ich komme gegen 17 Uhr in der Sporthalle an. Ich weiß nich genau, was mich erwartet. Drinnen sind bereits viele Leute anwesend. Ich stelle mein Fahrrad neben einer Bank ab. Ich kann duschen, aber wir sind nur 8 Frauen unter 150 Teilnehmern. Natürlich haben sie alle Umkleideräume und Duschen in Beschlag genommen… Schließlich stellt uns jemand vom Organisationsteam einen Umkleideraum zur Verfügung. Wir gut tut es, zu duschen! Ich wechsle meine Radhose, wasche die andere und lasse sie trocknen.

Um mir die Zeit zu vertreiben, setze ich mich neben mein Fahrrad, hole meine Matratze und mein Biwak heraus und versuche mich auszuruhen. Ich lerne einen anderen Teilnehmer kennen, Nathan, einen Australier, der aber in Spanien lebt. Perfekt, so kann ich mein Englisch ein wenig üben.

Um 19Uhr stellt die Organisation draußen einen kleinen Aperitif mit Limonaden, Crackern und Erdnüssen bereit. Die Stimmung ist wirklich cool, alle unterhalten sich, ich fühle mich wie in einem Ferienlager. Wir tauschen unsere Eindrücke über den Beginn der Strecke und den berühmten Col Jerome Cavialli mit seiner Hitze aus. Das beruhigt mich, wir hatten alle das Gefühl, auf diesem Pass zu leiden. Es ist toll, mit allen reden zu können, denn auf der Strecke hätten wir dazu absolut keine Gelegenheit gehabt, da man im Laufe der Zeit schnell immer wieder auf die gleichen Leute trifft.

Gegen 20 Uhr wird das Essen serviert. Es tut so gut, eine gute Mahlzeit zu essen: Nudeln, Tomatensoße, Käse und Ei, dazu ein Getränk und ein Dessert. Trotz dieser Unvorhergesehenheit möchte ich betonen, dass die Organisation problemlos funktioniert hat. Ich habe daran nichts auszusetzen, und alle Teilnehmer haben sich geduldig damit abgefunden. Ich habe sogar eine sehr schöne Zeit verbracht.

Nach dem Essen versuche ich, etwas zu schlafen. Die Abfahrt am nächsten Tag ist um 6 Uhr morgens. Um die Neutralisierung auszugleichen und damit alle rechtzeitig ins Ziel kommen, wurde die Strecke zwischen CP1 und CP2 um 70 km verkürzt.

  • Montag, 21. Juli

Ich wache gegen 4:30 Uhr auf. Ich habe recht gut geschlafen. Das Gewitter hat mich gegen 23:30 Uhr etwas geweckt, aber ich konnte schnell wieder einschlafen. Ich esse ein wenig von meinen Vorräten, hoffe aber, bald eine Bäckerei zu finde, um mich wieder einzudecken. Ich vergesse vor allem nicht, mich mit Anti-Reibungscreme einzureiben. Das ist das Wichtigste.

Der Tag bricht langsam an, als wir alle um 6 Uhr aufbrechen. Als ich einer Gruppe folgen will, die nicht den direktesten Weg genommen hat, um wieder auf die Spur zu kommen, bin ich schnell allein und unter den Letzten. Glücklicherweise treffe ich bei einer Bäckerei wieder auf andere Leute. Ich nutze die Gelegenheit, um mich zu versorgen, aber wie so oft bei solchen Rennen macht mir nichts wirklich Lust. Am Ende nehme ich Kekse, Madeleines und Schokoladensachen.

Ich werde nicht alles auf einmal essen, aber zumindest habe ich genug für den Rest des Tages. Ich esse einen großen Muffin und trinke eine Flasche Orangina und mache mich wieder auf den Weg. Ein paar Kilometer weiter halte ich erneut für ein paar Minuten an, um am Fuße des nächsten Anstiegs, dem Col de la Mûre, wieder etwas zu essen: 7,71 km mit 8 % Steigung und einigen Passagen mit mehr als 10% Steigung, genug, um sich morgens richtig warmzulaufen. Ich spüre, dass meine Beine gut reagieren und das beruhigt mich für den Rest des Tages. Ich sage mir, dass ich gerne bis Mittag den CP1 erreichen möchte.

Die Landschaft ist wunderschön. Wir sind jetzt in der Ardèche. Gegen Ende des Anstiegs treffe ich Vincent wieder. Wir unterhalten uns kurz und ich lasse ihn weiterfahren. Der Anstieg verläuft gut, ich bin froh, dass dieser Pass hinter mir liegt. Es folgen kleine Anstiege, kleine Abfahrten, kleine Anstiege und dann eine lange, schöne Abfahrt bis nach Cheylard. Vincent hatte mich vor einer steilen Steigung gewarnt. 15% durchschnittliche Steigung auf dem ersten Kilometer. Ich muss nicht lange überlegen, um zu entscheiden, dass ich diese Passage zu Fuß bewältigen werde. Wir sind bei Kilometer 200, ich möchte mich nicht zu sehr verausgaben, um die ganze Strecke durchzuhalten. Es ist nicht einfach, mit Fahrradschuhen zu laufen, mit denen ich manchmal ausrutsche. Sobald ich auf einem leichteren Abschnitt bin, steige ich sofort wieder auf mein Fahrrad, denn ich möchte nicht den ganzen Tag hier verbringen, und mit dem Fahrrad komme ich trotzdem etwas schneller voran. Es wird langsam warm. Ich freue mich darauf, den CP1 in Saint-Agrève zu erreichen. Ich habe nur noch etwa zehn Kilometer vor mir. Es geht noch ein paar Kilometer bergauf, bevor ich auf die Hauptstraße komme. Es ist 11:50 Uhr, als ich den CP1 erreiche. Super, genau in der Zeit, die ich mir vorgenommen habe. Das ist perfekt.

Das Gefühl ist gut und es macht mir große Freude. Dort treffe ich Vincent wieder. Ich lade mein Navi-gerät und mein Handy auf. Ich nehme mein kleines Menü und esse in Ruhe mit anderen Teilnehmern. Ich treffe auch Valentine und andere Race Angels, die mich fragen, wie es mir geht und wie meine Beine sind. « Besser als gestern », antworte ich. Marie ist ein echter Diesel. Nach dem Essen gehe ich auf die Toilette, wechsle meine Radhose und creme mich mit Anti-Scheuer-Creme ein. Ich hole meine Elektronikgeräte zurück.

12h45 Uhr, ich verlasse den CP1. Mir geht es gut, ich bin fit, alles läuft wie am Schnürchen. Bis zum CP2 sind es etwas mehr als 200 km, idealerweise möchte ich bis zum Ende des Tages gut 100 km zurücklegen, um die Hälfte dieser Strecke geschafft zu haben. Ich treffe Vincent wieder, da ich etwas vor ihm am CP1 gestartet bin. Wir unterhalten uns, folgen uns aus der Ferne, bevor er mir weiter vorausfährt. Es gibt einige kleine Anstiege, bevor wir einen langen Pass in Angriff nehmen, den Col du Gerbier de Jonc, 8,75 km mit 5,7 % Steigung. Während des Anstiegs treffe ich Aude und Noah, Tante und Neffe. Sie fahren nicht als Duo, aber regelmäßig zusammen. Ich unterhalte mich ein wenig mit Aude, es ist cool, sich mir einer anderen Frau austauschen zu können, wir sind so wenige. Dann setze ich meine Fahrt alleine fort. Das Wetter wird grau, aber das ist mir lieber, als dass es zu heiß ist. Die Landschaft ist wunderschön. Das hätte ich von der Ardèche nicht erwartet. Es ist also doch eine schöne Entdeckung. Das Schönste erwartet mich meiner Meinung nach ein paar Kilometer weiter.

Oben angekommen ist es nicht besonders warm. Ich ziehe meine Jacke für die Abfahrt an, die nur 2-3 km dauert, bevor es wieder 1,5km bergauf geht. Es folgt eine herrliche lange Abfahrt über die Berge der Ardèche, die sehr grün sind und mit vielen violetten Blumen verzaubern. Es ist wunderschön. Was für ein Genuss! Ich bin so froh, hier zu sein. Alles läuft gut. Ich liebe es. Auf der Abfahrt halte ich an einem kleinen Lebensmittelladen, um mir eine Cola, eine Orangina und ein paar Kartoffelchips zu kaufen. Ich setze mich für 5 Minuten hin, um meine Cola zu trinken, bevor ich mich wieder auf den Weg mache, um die Abfahrt fortzusetzen. Ich komme in Saint-Martial an, einem kleinen, sehr niedlichen Dorf mit einem kleinen See. Ich halte kurz an, um ein Foto zu machen, und ziehe meine Jacke aus, da die Sonne wieder herauskommt. 

Ich mache mich wieder auf den Weg, Vincent ist ein paar Meter weiter, wo ich ihn zuvor beim Abstieg getroffen hatte. Wir unterhalten uns beim Aufstieg. Er hat einen kleinen Durchhänger. Ich versuche, ihn wieder aufzubauen. Dann sprintet er voraus. Er ist ein besserer Kletterer als ich. Ich nutze die Gelegenheit, um mich mit meinen Kopfhörern und meiner Musik in meine eigene Welt zurückzuziehen. Ich schaffe den Aufstieg, meine Beine machen mit. Alles ist gut. Oben angekommen treffe ich Aude und Noah sowie Valentine, die Journalistin. Sie fragt mich, wie es mir geht, wie ich mir die Zeit vertreibe usw. Ich esse schnell etwas und mache mich dann ziemlich schnell wieder auf den Weg, da es oben nicht besonders warm ist. Es muss etwa 18 Uhr sein. Langsam frage ich mich, wo ich heute Abend übernachten werde. Ich würde gerne einen überdachten Ort finden, idealerweise einen, der etwas warm ist, um mich dort große Lust, mich vom Regen nass machen zu lassen. Ich klettere einen Anstieg nach dem anderen hinauf, erklimme den Col du Pendu und treffe dort oben wieder auf Aude und Noah, die sich für die Abfahrt warm anziehen. Ich mache es ihnen gleich und ziehe meine Jacke und Handschuhe wieder an. Eine lange Abfahrt erwartet uns. 

Es ist 21 Uhr, als ich währen dieser langen Abfahrt in dem kleinen Dorf Saint-Etienne-de-Lugdarès eine Veranda mit öffentlichen Toiletten finde. Ich denke mir, das ist perfekt, es ist überdacht und windgeschützt. Der einzige Nachteil ist, dass es an der Straße liegt und gerade in diesem Moment, nur wenige Meter entfernt, eine kleine Party mit Musik stattfindet. Ich denke mir, dass das nicht lange dauern wird.

Um 22 Uhr ist es tatsächlich vorbei. Puh, jetzt kann ich versuchen, ruhig zu schlafen. Ich habe mich in meinem Biwak mit meiner Matratze darin eingerichtet. Mir geht es gut, aber ich kann nur schwer einschlafen. Ich kann kein Auge zutun, ich habe Angst, dass mir jemand mein Fahrrad stiehlt, und sobald ich merke, dass ich einschlafen könnte, erinnert mich mein Gehirn daran, wach zu bleiben. Bis Mitternacht werde ich mehr oder weniger mit diesen Phasen jonglieren.

  • Dienstag, 22. Juli

Da ich in meinem Biwak nur herumtappe, hat es keinen Sinn, länger zu bleiben. Ich beschließe, weiterzugehen. Ich nehme mir Zeit, um meine restlichen Kekse und Madeleines zu essen. Ich nehme mir Zeit, meine Sachen ordentlich zu verstauen und mich ein wenig frisch zu machen, bevor ich weitergehe. Es ist fast 1 Uhr morgens, als ich mich wieder auf den Weg zum CP2 mache, der etwa hundert Kilometer entfernt ist. Ich habe meine Musik aufgelegt, damit mir nicht langweilig wird. Der schwierigste Teil zwischen CP1 und CP2 liegt hinter mir. Der Teil, der vor mir liegt, ist leichter zu fahren. Sobald ich das spüre, setze ich mich auf die Verlängerungen. Ich komme gut voran, meine Beine reagieren gut, aber ziemlich schnell fühle ich mich allein. Es ist Nacht, also begegne ich natürlich niemandem. Und auch wenn ich es genieße, nachts zu fahren, gibt es auch eine Seite, die mir Angst macht. Ich fahre weiter, in meinem Tempo. Ich stelle mir die schönen Landschaften vor, die sich hinter den Kurven verbergen, die ich erahnen kann. Ich schaue etwas zu oft auf meine Uhr. Ich habe das Gefühl, dass die Zeit nicht vorangeht. Wann geht endlich die Sonne auf? Meine Kopfhörer haben keinen Akku mehr. Nun gut, ich muss mich selbst beschäftigen. Es dauert lange.

Ein paar Kilometer später treffe ich endlich einen anderen Teilnehmer. Puh, das tut gut, auch wenn wir nur ein paar Worte wechseln. Zumindest beruhigt es mich, dass ich auf dem richtigen Weg bin, auch wenn ich die richtige Route auf meinem Navigiert habe. Ich habe immer Angst, dass ich mich verfahren habe, haha.

Es dauert langsam lange. Ich zähle die Kilometer bis zum CP2. Ich kann es kaum erwarten, dort anzukommen. Gegen 5 Uhr spüre ich die ersten Anzeichen von Müdigkeit. Aber leider werde ich nicht darauf hören. Ich werde gegen diese Müdigkeit ankämpfen. Ich halte etwa 30 Kilometer vor dem CP2 an. Der Morgen ist sehr kühl. Ich bereue fast, dass ich meine Überschuhe nicht mitgenommen habe. Die Abfahrten sind eiskalt. Manchmal gibt es starken Nebel. Es sieht aus wie im November. Ich zähle die Kilometer bis zum CP2. Ich sehe die Schilder « Saint-Flur », aber ich habe das Gefühl, dass wir im Kreis fahren. Es nimmt kein Ende. Ich möchte endlich am CP2 ankommen.

Nach einer weiteren langen Abfahrt, einigen kleinen Unebenheiten und einer letzten Abfahrt in der Nähe der Autobahn komme ich endlich in Saint-Flur an und mache mich auf den Weg zur Sporthalle.

In der Ferne sehe ich Morgane, eine Race Angel, die ich am Samstag kennengelernt hatte, als ich mein Fahrrad überprüfen ließ. Ich bin so froh, angekommen zu sein. Es ist 8 Uhr, als ich mich in der Sporthalle einrichte. Ich gehe mich waschen, lade mein Navigerät und mein Handy auf und nehme mir dann die Zeit, um in Ruhe mit meinem Fahrrad zu essen.

Ich fühle mich insgesamt müde, auch wenn ich nicht das Gefühl habe, dass mich das auf den letzten Kilometern beeinträchtigt hat. Nach dem Essen lege ich mich hin, um zu versuchen, ein wenig zu schlafen. Ich kann mich ein wenig ausruhen, ohne wirklich zu schlafen. Ich habe vorhin nicht auf mich gehört, als ich die ersten Anzeichen von Müdigkeit verspürte, und jetzt fällt es mir schwer, einzuschlafen. Gegen 10:30 Uhr breche ich etwas widerwillig vom CP2 auf.

In Saint-Flur halte ich bei einer Bäckerei, um nicht mit Snacks einzudecken: Sandwich, zwei Quiches, eine Limonade. Ich trinke meine Cola und verlasse diese wunderschöne Stadt ganz gemächlich. Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut meine Beine mitmachen. Das Wetter ist schön, es ist super angenehm. Ohne groß nachzudenken, fahre ich weiter in Richtung des schönsten Passes des Bikingman: dem Col du Pas de Peyrol, auch bekannt als der Gipfel des Berges direkt daneben: dem Puy Mary.

Aber lange bevor ich den Anfang dieses Passes erreiche, muss ich noch einige schöne Anstiege bewältigen, die herrliche Landschaft der Auvergne genießen, und schon bin ich wieder voll motiviert. Ich denke daran, anzuhalten, um zu essen und zu trinken. Das ist eindeutig der Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn ich mich genau an meinen Trainingsplan gehalten habe, wenn ich nicht genug esse und trinke, ist es vorbei. Sobald ich kann, stütze ich mich ein wenig auf die Verlängerungen, um meine Hände und Arme etwas entlasten. Es tut gut, die Positionen zu variieren.

Ich entdecke die Vulkane der Auvergne, und es ist wunderschön.

Wir nähern uns langsam dem Pas de Peyrol, die ersten Schilder machen mir das deutlich. Ich weiß nicht genau, was mich bei diesem Aufstieg erwartet, und ich glaube, es war gut, dass ich mir das Profil des Passes vorher nicht angesehen habe. Die ersten Kilometer sind eher ruhig, die Steigung schwankt zwischen 5 % und maximal 8 %. Es ist bereits wunderschön, und je höher wir kommen, desto schöner wird es. Nach einigen Kilometern mit 3-4 % Steigung geht es an den schwierigsten Teil, der aber auch die schönsten Aussichten bietet: 3 km mit 12% bis 13% Steigung. Autsch, das tut weh. Vor allem, wenn man schon 500 km in den Beinen hat. Es ist hart, ich bin stark, aber zum Glück rufen die Wanderer und Touristen « Bravo Madame », « Weiter so, Madame ». Seit mehreren Kilometern kann man den Gipfel des Passes sehen. Ich weiß, dass es die letzten Kilometer sind, also trete ich kräftig in die Pedale, fahre im Zickzack, um die Steigung zu mildern, und nähre mich nach und nach dem Gipfel. Gegen Ende des Gipfels begegne ich den Race Angels, die immer da sind, um zu feuern und Fotos zu machen.

Oben angekommen, ist es wie eine Befreiung. Die Aussicht über das ganze Tal ist wunderschön. Ich setze mich in eine Ecke zwischen all den anderen Leuten: Touristen, Radfahren, Wanderern. Ich setze mich auf den Boden und genieße mein Sandwich. Ich habe das Gefühl, seit dem CP2 nicht vorangekommen zu sein, nur 55 km zurückgelegt zu haben. Ich bleibe nicht allzu lange dort oben, den trotz allem ist es mit dem Wind nicht besonders warm. Ich fürchte mich vor der Abfahrt, denn die ersten Kilometer auf der gegenüberliegenden Seite sind steil, und dazu kommt noch ein Parkplatz mit vielen Autos, Radfahrern und Wanderern.

Die Straße ist schmal, ich habe große Schwierigkeiten, mich auf dieser Abfahrt gehen zu lassen. Ich bin so angespannt, dass mir die Hände, Arme und Schultern wehtun. Zum Glück dauert das nicht lange. Ich halte kurz an, um meine Jacke auszuziehen, mir ist wieder zu warm. Und schon geht es weiter zum nächsten Pass, in der prallen Sonne. Oben angekommen, ist es 17 Uhr, ich setze mich mit einer anderen Teilnehmerin, Jacinthe, hin, um ein Eis zu essen. Wir unterhalten uns und überlegen, wo wir heute Nacht schlafen werden. Wir finden ein Hotel in Rom-ès-Montagnes, etwa fünfzehn Kilometer weiter, genau auf unserer Route. Wir reservieren für zwei Personen. Wir fahren getrennt weiter, damit jede in ihrem eigenen Tempo fahren kann, und treffen uns dort wieder. Überglücklich träume ich von einer heißen Dusche und einem warmen Bett. Als ich dort ankomme und nach dem Hotel suche, erhalte ich eine Nachricht von Jacinthe :  « Die Dame will unsere Fahrräder nicht, sie will nicht, dass unsere Fahrräder ihnen Teppich verschmutzen. » Das ist ein herber Schlag. Andere Teilnehmer auf der Terrasse nebenn haben ebenfalls Probleme, eine Unterkunft zu finden. Ich habe das Gefühl, dass ich auch diese Nacht wieder draußen schlafen werde. Schade. Ich mache mich mit Jacinthe wieder auf den Weg und hoffe, unterwegs wenigstens einen Ort zum Essen zu finden. Ein paar Kilometer weiter stoßen wir uf einen Campingplatz. Das ist sozusagen unsere letzte Chance. Sie haben keine Plätze mehr frei. Wir fragen sie, ob sie wenigstens ein Dach oder etwas haben, das uns vor dem Regen schützt. Puh, sie sind einverstanden, uns eine Laube aufzubauen. Wir werden zwar draußen schlafen, aber wir sind vor Regen geschützt, falls es regnen sollte. Da wir auf einem Campingplatz sind, gibt es etwas zu essen und wir können duschen. Perfekt, um uns für den nächsten Tag zu stärken. Ich gehe gegen 22:30 Uhr schlafen.

  • Mittwoch, 22. Juli

Es ist 3 Uhr morgens, als ich beschließe aufzustehen, da ich fast nicht geschlafen habe. Mir war sehr kalt, vor allem an den Füßen. Ich konnte keine bequeme Schlafposition finden. Meine Augen sind völlig überanstrengt. Ich frage mich wirklich, wie ich es schaffen soll, nachts zu fahren. Ist das wirklich vernünftig? Aber was soll ich in der Zwischenzeit tun? Ich werde nicht warten, bis es hell wird, um loszufahren. Ich packe in aller Ruhe meine Sachen zusammen, mir ist kalt. Tränen steigen mir in die Augen. Ich weiß nicht einmal, warum ich weine. Ich bereite mich etwas widerwillig vor. Ich fürchte mich vor der Nacht. Jacinthe Fährte vor mir los, während ich in Ruhe zu Ende esse, bevor ich aufbreche. Ich esse in Ruhe in der warm Toilette. In diesem Moment denke ich, dass ich mein Biwak hätte verlegen und in der warmen Toilette schlafen sollen. Ich bin fertig mit den Vorbereitungen und mache mich gegen 3:45 Uhr wieder auf den Weg. Sobald ich auf meinem Fahrrad sitze, geht es mir sofort besser. Ich beginne mit einem Anstieg, der mich ein wenig aufwärmt. Ich nehme mir Zeit, aber jetzt bin ich moralisch wieder gestärkt. Das Ziel des Tages ist es, heute Abend CP3 zu erreichen. Ein par Kilometer weiter treffe ich einen Teilnehmer. Er hat es geschafft, bei Einheimischen zu übernachten. Was für ein Luxus.

Mit der Zeit beginne ich, die Umrisse der Landschaft am Horizont zu erkennen. Ich befinde mich auf dem Col du Chamaroux und die Sonne geht langsam auf. Es ist wunderschön, ich erlebe einen herrlichen Sonnenaufgang. Um mich herum ist nichts. Nur Natur. Ich habe das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein. Es ist magisch. Der Cantal ist doch nicht so schlecht, auch wenn es hier nicht viel gibt. Die Strecke führt durch sehr wenige Dörfer, ich habe das Gefühl, in einer Wüste zu sein. Die Abfahrten sind sehr kühl. Ich freue mich auf ein bisschen Sonne, um mich aufzuwärmen. Nach einer sehr langen Abfahrt mache ich ein paar Minuten Pause in einem Dorf, um ein Stück Sandwich vom Vortag zu essen, während ich auf eine Bäckerei warte. Ich mache mich gemütlich wieder auf den Weg, die Strecke verlässt die Vulkane der Auvergne und führt in Richtung Brioude. Brioude, die Geburtsstadt von Romain Bardet. Ja, ich habe Zeit, über solche Dinge nachzudenken. Der schwierigste Teil liegt hinter mir, bis zum CP3 geht es nun leichter voran. Die Sonne scheint, es ist so angenehm, alles ist gut. 

Ich komme gegen 8 Uhr in Brioude an und mache Halt in einer Bäckerei am Ortsausgang. Ich nutze die Gelegenheit, um mich umzuziehen und meine überschüssigen Sachen auszuziehen, die mir jetzt zu warm sind. Zwei Erdbeertörtchen, ein Sandwich für später und schon mache ich mich wieder auf den Weg. Das Wetter ist schön, ich fahre gemächlich dahin. Die Straßen sind weniger hügelig, sodass es einfacher ist, sich auf die Verlängerungen zu setzen. Dann kommen schnell neue kleine Pässe in der Landschaft der Haute-Loire. Es fängt an zu nieseln, aber das ist vorerst noch kein Grund zur Sorge. Dann folgen viele kleine Unebenheiten. Ich bin 40 km vom CP3 entfernt, also dem letzten Kontrollpunkt, und es beginnt zu regnen, stark zu regnen. Ich denke mir, dass ich länger als geplant brauchen werde, um den CP3 zu erreichen. Leider bin ich schnell durchnässt. Schließlich finde ich eine öffentliche Toilette an der Straße, um mich wärmer anzuziehen, damit ich die Abfahrten besser bewältigen kann. Ich weiß, dass ich mich dem CP3 nähere, aber es kommt mir endlos vor. Außerdem bekomme ich langsam Hunger, aber ich habe nichts mehr zu essen dabei. Nach gut zwei Stunden hört der Regen auf. Endlich. Ich erkenne die Straßen wieder, auf denen wir unterwegs sind: Wir sind sie auf dem Hinweg schon gefahren. Ich halte bei einer Bäckerei an: Ich tanke vor allem für die Nacht auf, da ich gegen 23 Uhr zum letzten Abschnitt aufbrechen möchte.

Ich erkenne die Straßen wieder, ich sehe die Schilder nach Saint-Agrève. Um 18 Uhr komme ich am CP3 an. Verdammt, ich schaffe es! Ich lege meine Sachen zum Trocknen in eine Ecke, dusche, esse etwas und lege mich dann im Nebenraum ein wenig schlafen. Eine Stunde später, gegen 20 Uhr, stehe ich wieder auf, lade mein Rücklicht auf und lege mich dann wieder schlafen. Ich stelle keinen Wecker und wache gegen 22:30 Uhr von selbst auf. Ups, ich wollte um 22 Uhr weiterfahren, das ist jetzt futsch. Aber andererseits ist das auch nicht weiter schlimm, mein Körper hat das gebraucht. Ich habe das Gefühl, dass ich im Vergleich zu den vergangenen Nächten wirklich gut geschlafen habe. Ich stehe auf. Ich esse noch einmal etwas. Ich fange an, meine Sachen zusammenzusuchen und mich für die Nacht anzuziehen. Zum Glück habe ich zwei Radhosen bei, denn meine Radhose ist natürlich nicht getrocknet und ich hätte mich nicht vorstellen können, nachts mit einer durchnässten Radhose loszufahren. Ich überprüfe, ob ich nichts vergessen habe, bevor ich losfahre. Es ist also 23:50 Uhr, als ich vom CP3 in Richtung Ziel losfahre.

  • Donnerstag, 23. Juli

Ich habe noch etwa 180 km bis zur Ziellinie vor mir. Es ist verrückt. Als ich den CP3 verlasse, bin ich ein wenig bewegt. Das Schwierigste liegt hinter mir. Was mich nun erwartet, ist eine sehr lange Abfahrt, ein eher flacher Abschnitt, und dann sind wir wieder im Vercors für die letzten Anstiege. Die Nacht ist lang, wie die vorherigen auch. Der lange Abstieg ist angenehm, aber am Ende scheint er endlos zu sein. Die ganze Zeit aufmerksam zu bleiben ist anstrengend, zumal ich wenig Schlaf hinter mir habe. Als ich auf dem flachen Abschnitt nördlich von Valence ankomme, spüre ich eine große Müdigkeit: Der Anblick der weißen Linien auf der Straße macht mich schläfrig. Ich beschließe, 20 Minuten an einer Bushaltestelle anzuhalten, um ein Nickerchen zu machen. Ich fahre weiter. Ich kann es kaum erwarten, dass der Tag anbricht. Ich habe die Nacht satt. Als es gegen 4:30 Uhr langsam hell wird, habe ich das Gefühl, dass ich die Schilder bewegen. Ja, ich bekomme erste kleine Halluzinationen. Ich spüre, dass ich insgesamt sehr müde bin. Ich kann es kaum erwarten, anzukommen. Ich habe weniger als 100 km vor mir. Als ich an den Toren des Vercors ankomme, habe ich einen Energieschub. Ich weiß, dass es die letzte Etappe ist, bevor ich Villard-de-Lans erreiche. Und dann ist es wunderschön, ein paar Wolken ziehen zwischen den Bergen dahin. Endlich ist der Tag da. Das war’s, die Nächte sind vorbei. Es geht steil bergauf bis nach Saint-Jean-en-Royan. Dort halte ich bei einer Bäckerei. Ich weiß nicht mehr, was ich essen soll. Schließlich kaufe ich mir das x-te Sandwich. Ich fülle auch meine Trinkflaschen wieder auf. Ich verweile nicht lange, sondern mache mich auf den Weg zum letzten Pass: dem Col de la Machine, 13 km mit 6% Steigung. Man denkt sich, das geht schon, das geht relativ schnell vorbei. Ja, aber nein. Die ersten 8 Kilometer sind sehr gleichmäßig mit durchschnittlich 8 % Steigung. Es ist hart, aber ich halte durch. Es kommt mir so lang vor. Ich spüre, wie meine nachgeben. Ich fahre im Zickzack, um die Steigung zu mildern. Endlich habe ich diese 8 Kilometer hinter mir und erreiche den Cirque de Combe Laval. Es ist wunderschön. Ich versuche, jeden Moment zu genießen, denn auch wenn ich mich darauf freue, dass es endlich vorbei ist, ist die Strecke wunderschön. Ich versuche, jeden Moment zu genießen, denn auch wenn ich mich darauf freue, dass es endlich vorbei ist, ist die Strecke wunderschön. Ich werde sicher nicht so schnell wieder hierherkommen, also genieß ich die Landschaft. Dieser Abschnitt ist flach, sogar leicht abfallend. Das tut meinen Beinen gut. Dann kommt wieder der letzte Abschnitt mit einem steilen Anstieg, bevor ich den Gipfel des Passes erreiche. Ich denke mir, dass es jetzt geschafft ist, dass nur noch eine lange Abfahrt und dann wieder ein langer Anstieg bis nach Villard vor mir liegen. Aber nein, da habe ich die Rechnung ohne Garmin gemacht, das mir anzeigt, dass es nun flach weitergeht, obwohl es weiter bergauf geht…und das ist kein kleiner Anstieg. Ich nehme es geduldig hin. Ich werde nicht schneller fahren, wenn ich mich aufrege. Dann kommt endlich die lange Abfahrt nach Saint-Laurent-en-Royans. Ich halte ein paar Minuten an, um die wenigen Kekse zu essen, die ich noch habe. Noch 30 km, dann ist dieser Bikingman schon zu Ende. Ich fahre weiter und komme durch Pont-en-Royans. 

Ich treffe den Fotografen und Valentine zum letzten Mal vor dem Ende dieses Abenteuers. Auf geht’s zum letzten Anstieg dieser wunderschönen Strecke. Ehrlich gesagt kommt mir das endlos vor. Wir befinden uns auf einer langen, ansteigenden Geraden mit viel Verkehr, manchmal ist die Straße schmal, mit Steigungen von 8-9%, und es wird langsam heiß. Das Positive daran: Die Aussicht ist wunderschön. Tritt für Tritt fahre ich ohne nachzudenken weiter. Mein Navi hat manchmal Aussetzer, ich weiß nicht, wie viele Kilometer ich noch vor mir habe: 12? 13? 15? In diesem Moment zählt in meinem Kopf jeder Kilometer. Endlich erreiche ich das Ende dieses endlosen geraden Anstiegs. Noch weniger als 10 km vor mir. Wieder befinde ich mich auf einer ähnlichen Straße. Und als ich glaube, dass ich die Anstiege hinter mir habe, weil Garmin mir « Anstieg beendet » anzeigt, geht es doch noch gut zwei Kilometer weiter bergauf. Das ist verdammt endlos. Zum Glück sehe ich Schilder mit der Aufschrift « Villard-de-Lans », die mich beruhigen, denn ich weiß, dass ich mich dem Ziel nähere. Endlich komme ich am Ende dieses zweiten endlosen Anstiegs an. Und jetzt erkenne ich die Straße wieder. Ich bin sie schon mit dem Auto gefahren, als ich vor ein paar Tagen in Villard angekommen bin. Sie ist insgesamt flach. Ich setze mich so schnell wie möglich auf meine Verlängerungen und trete so fest ich kann in die Pedale, um schnell anzukommen. Ich wiederhole es noch einmal, aber alles kommt mir endlos vor. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Straße so lang ist. Ich passiere einen ersten Kreisverkehr, dann einen zweiten. Gut, ich weiß, dass es bald vorbei ist. Es ist die letzte kleine Steigung, bevor ich das Zentrum von Villard-de-Lans erreiche. Ich trete schnell und kräftig in die Pedale. Es ist verrückt, dass ich nach all den zurückgelegten Kilometern noch Energie habe. Ich höre « Los, los ». Ich sehe den Zielbogen. Noch ein paar Meter. Es ist geschafft. Ich habe es geschafft.

Es ist kurz nach Mittag, als ich am Start ankomme. Ich sehe mich selbst, wie ich meine Urkunde, meine Medaille und mein Finnischer-T-Shirt in Empfang nehme. Ich bin ein wenig verwirrt. Ich kann noch nicht ganz fassen, was ich gerade geschafft habe. Es ist völlig verrückt. Und es ist so viel besser, als ich mir erhofft hatte. Übrigens bin ich Dritte bei den Frauen (86:07 Stunden) von insgesamt nur sieben Teilnehmerinnen geworden. Verrückt!

Ich kann es kaum fassen. Ich bin so glücklich und stolz auf mich. All die Stunden Training, all die Stunden auf dem Heimtrainer, all die Stunden, die es mir ermöglicht haben, dieses Rennen auf die bestmögliche Weise zu erleben. 

Ein großes Dankeschön an meine Trainer Séverine und Jonathan für die Vorbereitung, ohne die ich diesen Bikingman nich hätte absolvieren und beenden können.

Überlege gerade, wie es weitergehen soll…

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